„Digitale Transformation ist ein Marathon“

Rund 90 Abonnement-, Digital- und Verlagsexperten trafen sich Ende Februar zum Branchenevent Medienhaus/NEXT/ im Event Center der FUNKE Mediengruppe in Essen. Dabei kristallisierten sich zwei zentrale Themen schnell heraus: die Nutzung von Künstlicher Intelligenz und die Ansprache der jungen Zielgruppe.

Als Hausherr übernahm Konzernleiter Christoph Rüth die Begrüßung. Er stellte klar: „Wir haben für uns kein Ende von Print definiert.“ So finanziert Print laut Rüth nach wie vor die Transformation. Ziel ist es, bis 2030 die Redaktionskosten vollständig aus Digitalerlösen bezahlen zu können. Um dieses Ziel zu erreichen, hat man bei FUNKE neue Zielgruppen definiert. Im Zentrum stehen nun Menschen in der Familienphase zwischen 35 und 50 Jahren sowie „Etablierte“ (50-60 Jahre). Parallel dazu sollen aber auch jüngere Menschen an die Marken der FUNKE Mediengruppe herangeführt werden. Das ist jedoch eine langfristige Investition ohne direkte Monetarisierung. Hierfür werden alle Redakteure für Social Media geschult.

„Wir müssen wieder näher an die Menschen heranrücken“

Dass die digitale Transformation ein Marathon ist, darauf wies Dr. Anne Krum, Chefredakteurin Digital & Entwicklung NRW bei der FUNKE Mediengruppe, hin. Vernetzung und guter lokaler Journalismus sind ihrer Meinung nach hierfür wichtig. Welche Herausforderungen damit verbunden sind, verdeutlichte sie an den Städten Gelsenkirchen und Brilon. Aufgrund völlig unterschiedlicher Gegebenheiten, zum Beispiel bei Arbeitslosigkeit, Kinderarmut und Durchschnittseinkommen, leben die Menschen in beiden Städten in sehr verschiedenen Lebenswelten. Trotzdem gilt es, die richtigen Themen zu besetzen. „Wir müssen wieder näher an die Menschen in unserer Region heranrücken – auch über neue Kanäle und Plattformen“, so Krum. Dies gelingt ihrer Überzeugung nach zum einen dadurch, dass Redakteure wieder als Gesichter sichtbar werden und den Menschen deutlich machen, wie sie journalistisch arbeiten. Das ist auch zum Vertrauensaufbau wichtig. Zum anderen kann die KI laut Krum dabei helfen, zum Beispiel, indem sie für die Entwicklung von Personas und Prompts genutzt wird, um herauszufinden, welche Themen und Kanäle für die Zielgruppe relevant sind.

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Erfolgreich mit passenden Mitarbeitern

Wie wichtig das passende Team für die Umsetzung der Transformation ist, betonte Martin Fleischhacker, Geschäftsführer der Mediengruppe Wien, in seiner Keynote. Botschaft: Die Gewinnung und Entwicklung geeigneter Mitarbeiter ist entscheidend für den Erfolg. Sie sollen Produkte für die GenZ entwerfen, die sinnstiftend, nützlich und nachhaltig sind. Nur so lässt sich laut Fleischhacker der immer kleiner werdende Markt wieder vergrößern und die Relevanz der eigenen Medienmarke erhöhen. Am einfachsten gelingt dies nach Überzeugung des Experten mit Mitarbeitern, die selbst zur jungen Generation gehören.

Wie wichtig es ist, die gleiche Sprache wie die Zielgruppe zu sprechen, unterstrich Marco Kruse von Ippen Digital. Die GenZ erwartet Inhalte, die in Ton und Form auf sie zugeschnitten sind. Verlage müssen authentisch kommunizieren und bereit sein, von jungen Nutzern zu lernen, um deren Aufmerksamkeit zu gewinnen. „Dialog statt Belehrung“ ist nach Kruses Auffassung gefragt.

Von sinnvollen Investitionen und Streichungen

Daniel Köllner, Geschäftsführer der ferret go GmbH, unterstrich die Bedeutung von Audience Engagement und Community Management. Community-Manager spielen für ein kontinuierliches Engagement eine Schlüsselrolle, indem sie moderieren und positive Kontaktpunkte schaffen. Diese Investition lohnt sich laut Köllner, denn bei einer guten Community steigt auch die Zahlungsbereitschaft signifikant. Zudem zeigte er sich überzeugt, dass Nutzer eine Belohnung für ihr Engagement erwarten. Wie diese aussehen könnte, muss noch weiterentwickelt werden. Lesen Sie hierzu auch den Beitrag zum voucher.one.

Welche harten Einschnitte die Wirtschaftlichkeit in einem Verlag mitunter erfordert, erläuterte Lasse Deppe. Der stellvertretende Chefredakteur der Nordwest Mediengruppe ist mit einem weitläufigen und dünn besiedelten Verbreitungsgebiet konfrontiert, was mancherorts die Zustellungskosten so stark erhöht, dass eine Wirtschaftlichkeit nicht mehr gegeben ist. In einem Landkreis hat sein Haus nun ein Pilotprojekt durchgeführt, um mehr Print-Leser zu Digital-Lesern zu machen. Mit viel Einsatz konnten von den 400 „unwirtschaftlichen Haushalten“ immerhin gut 50 Prozent zum ePaper geführt und weitere 22 Prozent zur Post-Zustellung bewegt werden. Der Rest wurde „abgeschaltet“.

Strategien im Subscription-Business

Im Fokus beim Medienhaus/NEXT/ standen auch innovative Strategien im Subscription-Business. Hendrik Breitbarth, Teamleiter für digitale Abonnements bei der FUNKE Mediengruppe, präsentierte Maßnahmen zur Leserbindung durch optimierte Onboarding-Prozesse, effiziente Checkout-Systeme und den Einsatz von Künstlicher Intelligenz, beispielsweise für personalisierte Startseiten. Angelika Zajac und Marlene Schützle vom SPIEGEL erläuterten, wie sie mittels Tiefeninterviews, Umfragen und Verhaltensanalysen acht zentrale Engagement-Treiber identifizierten, die Leser zur regelmäßigen Rückkehr bewegen. Sascha Bossen, Berater für digitale Abonnements, gab praxisnahe Empfehlungen für mehr Bestellungen im Sales Funnel und zur Preiskommunikation, mit dem Hinweis, dass dadurch Conversion-Steigerungen von 20 bis 50 Prozent möglich seien. Er empfahl zudem, kontinuierlich A/B-Tests auf der Paywall durchzuführen, um optimale Ergebnisse zu erzielen.

Der Tag mit seinen vielen Facetten lieferte reichlich Gesprächsstoff für das abschließende Get-together in der FUNKE Lounge. Sowohl für die Vertiefung einzelner Themen als auch fürs Netzwerken gab es dort, über den Dächern Essens, reichlich Raum und Zeit.